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Private Vorsorge: wie man sich eine 4. Säule baut

22. November 2019

    Weil AHV und Pensionskasse, die beiden ersten Säulen des Vorsorgesystems, ohne Reformen eine unsichere Zukunft haben, ist die Versuchung gross, auf das Alter hin auf ein möglichst schuldenfreies Eigenheim zu setzen.

    Das Eigenheim als neue 4. Säule

    Die unsicheren Aussichten für AHV und Pensionskasse haben viele Vorsorgenehmer zur Suche nach Alternativen veranlasst. Neben dem freiwilligen Vorsorgesparen 3a wird immer häufiger das Eigenheim als vierte Säule in die Pensionierungspläne einbezogen. Eine häufige Überlegung: Wer nach der Pensionierung «gratis» wohnen kann, sollte doch mit einem geringeren Budget auskommen. In der Tat sind die Wohnkosten der wichtigste Ausgabeposten eines Haushalts. Sie können bis 25 oder 30% der ­Gesamtausgaben betragen. Wohneigentum hat zudem weitere Vorteile wie die steuerliche Begünstigung. Und Besitzen ist im Tiefzinsumfeld nach wie vor deutlich günstiger als Mieten. Ausserdem kann man aus einem Eigenheim nicht herausgeworfen werden.

    Tragbarkeit

    Vorsorgeexperten empfehlen trotzdem, zuerst die ersten beiden Säulen des Vorsorgesystems zu alimentieren. Generell sei ein Eigenheim eben nicht die bestmöglich diversifizierte Anlageform, sondern ein Klumpenrisiko. Wer sein Eigenheim trotz allen Vorbehalten für die Vorsorge einsetzen will, sollte einige Fallstricke vermeiden. Mit der Pensionierung ändert sich die finanzielle Situation ja grundlegend: Statt des regelmässigen Lohnes gibt es nun ein in der Regel deutlich tieferes Renteneinkommen. Das bis zu Pensionierung angesparte Vermögen muss deshalb jetzt schrittweise aufgezehrt werden. Dies hat für die Immobilieneigentümer mehrere Konsequenzen. Da Banken bei der Vergabe von Hypotheken stark auf das Einkommen der Kreditnehmer achten, haben es Senioren in der Regel deutlich schwerer, die Anforderungen an die Tragbarkeit zu erfüllen. Dies auch dann, wenn der Vermögensverzehr eingerechnet wird. Die Rechnung bleibt immer die gleiche: Die Zinskosten müssen auch im geltenden Tiefzinsumfeld mit einem kalkulatorischen Zinssatz von 5% berechnet werden. Dazu ist 1% des Verkehrswertes für Nebenkosten und Unterhalt vorzusehen. Die so ermittelten Gesamtkosten dürfen schliesslich nicht mehr als ein Drittel des späteren Renteneinkommens (inklusive Vermögensverzehr) ausmachen. Geht die Rechnung besser auf, wenn die Hypothek ganz abbezahlt wird und man dann «gratis» wohnen kann? Leider ist gratis nicht wirklich gratis: Für Nebenkosten wie Strom, Heizung, Reparaturen oder Erneuerungsfonds entstehen pro Jahr Kosten von 1% bis 2% des Verkehrswertes des Eigenheims. Das macht rasch einmal einige tausend Franken und mehr pro Jahr aus.

    Steuerbelastung

    Wer seine Bankschulden reduziert, zahlt zwar weniger Hypothekarzinsen, im Gegenzug steigt jedoch – im geltenden System von Eigenmietwert und Schuldzinsabzug – die Steuerbelastung. Somit hat ein Pensionär auch mit einem unbelasteten Eigenheim monatlich 500 bis 750Fr. an Nebenkosten und Zusatzsteuern zu berappen. Wenn eine Liegenschaft nach allem Rechnen finanziell zu teuer erscheint, sollte ein Verkauf oder eine Vermietung in Erwägung gezogen werden. Alternativen, wie eine Immobilie zweckmässig für die Vorsorge eingesetzt werden kann, gibt es eine ganze Reihe: Das Haus verkaufen und eine komfortable Mietwohnung beziehen. So lassen sich die Wohnkosten nach Ansicht von Experten oft deutlich reduzieren. Statt die Immobilie zu verkaufen oder zu vermieten, kann ein Rentner auf eine Reihe von noch wenig beachteten Methoden des Verkaufs und des Zurückmietens setzen, die bei Unternehmen weit verbreitet ist. In Frankreich kennt man die Methode als «Viager». Man verkauft sein Eigenheim, bedingt sich aber ein lebenslanges Wohnrecht aus und bezieht einen monatlichen Betrag. Bei uns nennt man dies «Verrentung». Eine weitere Möglichkeit, eine Immobilie zu «verflüssigen», ist die sogenannte Umkehrhypothek. Für eine solche Immo-Rente wird die schon fast ­abbezahlte Hypothek wieder auf 50% bis 65% des Immobilienwertes erhöht. Dieses Geld steht dann nach Abzug der Hypothekarzinsen für den Lebensunterhalt zur Verfügung.

    Quelle:

    NZZ-E-Paper vom 17.11.2019

    foto by pexels.com

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