Der Verkauf eines Unternehmens unabhängig der Rechtsform, ob durch innerbetriebliche Nachfolgeregelung oder durch den Verkauf von Anteilen, läuft nie ohne bürokratische Hürden ab. Eine Hürde, die es dabei insbesondere zu beachten gibt, ist die Steuerthematik. Dabei ist der Verkauf von Aktien entgegen den Erwartungen vieler Firmeninhaber nicht immer steuerfrei. Die indirekte Teilliquidation stellt eine der grössten Steuerrisiken beim Verkauf von Unternehmensanteilen dar. Geregelt im Kreisschreiben 14 vom 6. November 2007 der Eidgenössischen Steuerverwaltung gibt es dabei 5 Kriterien, die bekannt sein sollten.
Was ist die indirekte Teilliquidation?
Eine indirekte Teilliquidation tritt auf, wenn eine natürliche Person Beteiligungsrechte aus ihrem Privatvermögen an eine andere Person verkauft, die diese Rechte in ihr Geschäftsvermögen überführt. Der Kaufpreis wird dabei unter Mitwirken des Übergebers ganz oder teilweise durch die Ausschüttung der nicht betriebsnotwendigen Mittel des erworbenen Kapitalunternehmens beglichen.
Klingt kompliziert? Ist es leider auch. Das nachfolgende Beispiel soll Licht in die Sache bringen.
Stellen Sie sich vor, Herr Müller besitzt Aktien an der Müller AG. Er verkauft nun mindestens 20 % der Anteile an die Meier GmbH oder an Herrn Meier privat, der die Aktien wiederum im Geschäftsvermögen seiner Einzelfirma führt. Finanziert Herr Meier den Kaufpreis innerhalb der nächsten fünf Jahre mit Substanzen, die in der Müller AG vorliegen, so ist es naheliegend, dass es sich dabei um eine indirekte Teilliquidation handelt.
Kriterien der indirekten Teilliquidation
Eine indirekte Teilliquidation liegt vor, wenn alle folgenden sechs Kriterien kumulativ erfüllt sind:
- Verkauf
- Qualifizierte Beteiligung
- Systemwechsel
- 5-Jahresfrist
- Mitwirkung des Verkäufers
- Substanzentzug von handelsrechtlich ausschüttungsfähigen Reserven
Die Kriterien können auch in den Systemwechsel sowie in objektive und subjektive Merkmale untergegliedert werden. Während der Substanzentzug als objektiv betrachtet wird, ist der Wissensstand beziehungsweise das Mitwirken der Verkäufer ein subjektives Merkmal.
Für ein besseres Verständnis der indirekten Teilliquidation lohnt es sich etwas auszuholen und die Kriterien im Einzelnen zu betrachten.
6 Kriterien der indirekten Teilliquidation
Kriterium 1 – Verkauf
Es wird eine entgeltliche Übertragung vorausgesetzt.
Kriterium 2 – Qualifizierte Beteiligung
Damit eine indirekte Teilliquidation vorliegt, müssen zunächst mindestens 20 % des Grund- oder Stammkapitals eines Kapitalunternehmens verkauft werden. Dabei werden nur Verkäufe von in der Schweiz unbeschränkt steuerpflichtigen natürlichen Personen beachtet, die vor dem Verkauf (dem Ersten) mindestens 20 % dieser Beteiligungsrechte im Privatvermögen gehalten haben. Sonderregelungen gibt es hierbei in Bezug auf eine zeitliche Staffelung. Werden Beteiligungsrechte gestaffelt verkauft, so sind die für die indirekte Teilliquidation vorgesehenen Bestimmungen dann gültig, wenn innerhalb von fünf Jahren seit dem ersten Verkauf insgesamt mindestens 20 % veräussert wurden.
Kriterium 3 – Systemwechsel
Ein Systemwechsel liegt vor, wenn die Beteiligungsrechte aus dem Privatvermögen einer natürlichen Person stammen und diese in das Geschäftsvermögen einer anderen natürlichen Person beziehungsweise das Vermögen einer juristischen Person (für die das Buchwertprinzip gilt), übertragen werden. Es ist auch möglich, dass der Übernehmer (natürliche Person) für den Erwerb der Beteiligung ein Finanzierungskapitalunternehmen / eine Akquisitionsgesellschaft bzw. -holding gründet und die Rechte so erwirbt. Bei einem Übernehmer kann es sich aber auch um ein Kapitalunternehmen handeln. Vereinfacht betrachtet kommt es somit zu einem Transfer aus dem Privatvermögen (Nennwert- bzw. Kapitaleinlageprinzip) in das Geschäftsvermögen (Buchwertprinzip).
Kriterium 4 – 5-Jahresfrist
Eine weitere Voraussetzung ist, dass es zu einer Ausschüttung der nicht betriebsnotwendigen Substanzen innerhalb von fünf Jahren nach dem Verkauf kommt. Diese nicht betriebsnotwendigen Substanzen waren zum Zeitpunkt des Verkaufs bereits vorhanden. Die fünfjährige Frist beginnt mit dem Abschluss des Unternehmensnachfolgevertrags für die Beteiligung durch die Übergeber und Übernehmer. Der Zeitpunkt des Kaufs beziehungsweise der Zeitpunkt der Ausschüttung spielen somit in Bezug auf die indirekte Teilliquidation eine wesentliche Rolle. Im Falle eines gestaffelten Verkaufs von insgesamt 20 % beginnt für jeden Verkauf ein eigener Fristenlauf. Werden ab dem Zeitpunkt des Verkaufs innerhalb von fünf Jahren somit nicht betriebsnotwendige Substanzen erwirtschaftet, die dem Käufer reichen, um die Beteiligung zu finanzieren, liegt keine indirekte Teilliquidation vor.
Kriterium 5 – Mitwirkung des Verkäufers
Der Wissensstand des Verkäufers stellt ebenfalls ein Kriterium für das Vorliegen einer indirekten Teilliquidation dar. Der Verkäufer muss wissen oder sollte wissen, dass zur Finanzierung des Kaufpreises nicht betriebsnotwendige bzw. handelsrechtlich ausschüttungsfähige Substanzen aus der Gesellschaft entnommen und nicht wieder zugeführt werden. Das Wissen des Verkäufers bezieht sich zum einen auf die Existenz nicht betriebsnotwendiger Mittel, die zum Zeitpunkt des Verkaufs der Beteiligung existieren und zum anderen auf die finanzielle Situation des Käufers. Der erste Umstand ist verhältnismässig einfach zu eruieren. Schwieriger ist es bei den finanziellen Verhältnissen des Übernehmers. Dabei macht es einen erheblichen Unterschied, ob der Käufer vorhat, den Kaufpreis aus eigenen Mitteln zu begleichen oder diesen fremdfinanzieren möchte. In der Praxis wird das Mitwissen des Verkäufers seitens der Steuerbehörde häufig vorausgesetzt.
Kriterium 6 – Substanzentzug von handelsrechtlich ausschüttungsfähigen Reserven
Wie schon mehrfach erwähnt, besteht eine weitere Voraussetzung darin, dass sogenannte handelsrechtliche ausschüttungsfähige Reserven beziehungsweise nicht betriebsnotwendige Substanzen ausgeschüttet werden, die zum Zeitpunkt des Verkaufs bereits vorlagen.
- Handelsrechtlich ausschüttungsfähige Reserven – Zur Berechnung werden vom ausgewiesenen Eigenkapital das Aktien- oder Stammkapital und der maximale Umfang gesetzlicher Reserven gemäss dem Obligationsrecht bzw. dem ausländischen Recht abgezogen.
- Nichtbetriebsnotwendige Substanz – Ob es sich um nichtbetriebsnotwendige Substanz handelt, wird anhand von anerkannten Bewertungsgrundsätzen festgelegt. Zuordenbare Passiven werden dabei abgezogen und latente Steuern auf stille Reserven berücksichtigt. Diese Bewertung muss erst dann vorgenommen werden, wenn es zur Ausschüttung innerhalb der fünfjährigen Frist kommt.
Mit Ausschüttungen sind nicht nur Dividenden gemeint, sondern auch verdeckte Gewinnausschüttungen sowie andere geldwerte Vorteile zugunsten von Übernehmern oder nahestehenden Personen.
Geldwerte Vorteile können durch die folgenden Punkte vorliegen:
- Naturaldividenden
- Darlehen der Zielgesellschaft bzw. unter deren einheitlicher Leitung stehender Gesellschaften an die Übernehmer, deren Rückzahlungen gefährdet erscheinen oder die bei den darlehensgebenden Gesellschaften eine Vermögenseinbusse bewirken
- Sicherheiten für Darlehen Dritter an die Übernehmer (von Zielgesellschaften oder unter der gleichen Leitung stehender Gesellschaften), deren Beanspruchung naheliegend ist und welche bei den sicherstellenden Gesellschaften Vermögenseinbussen bewirken würden
Auch Umstrukturierungen können geldwerte Vorteile bedeuten.
Welche steuerlichen Folgen hat eine indirekte Teilliquidation?
Aus steuerlicher Sicht bedeutet die indirekte Teilliquidation, dass nicht betriebsnotwendige Mittel, z. B. in Form von Dividenden, ausgeschüttet werden, was wiederum die Einkommenssteuer mit sich bringt. Um diese zu umgehen, werden Gewinne zurückbehalten und Unternehmen in der Folge um mehr als den eigentlichen Wert verkauft. Die nicht betriebsnotwendigen Mittel können vom Käufer dann zur Bezahlung des Kaufpreises verwendet werden. Diese Ausschüttung senkt wiederum den Wert der Beteiligung an der verkauften Gesellschaft, diese wird abgeschrieben und das Steuersubstrat somit beseitigt. Ist die indirekte Teilliquidation erlaubt? Die indirekte Teilliquidation ist somit ein Weg, um Steuerzahlungen zu umgehen beziehungsweise zu senken und daher verboten. Erträge, die so erzielt werden, gelten vor der Steuerbehörde nicht als steuerfreie Kapitalgewinne lt. Art. 16 Abs. 3 DBG Bundesgesetz über die direkte Bundessteuer, sondern werden wie steuerbarer Vermögensertrag gehandhabt. Sofern unbeabsichtigt, kann es zu einer indirekten Teilliquidation aufgrund eines Leveraged Buyout oder einer Schuldübernahme kommen. Folgen einer indirekten Teilliquidation Sind die Tatbestände beziehungsweise die Kriterien der indirekten Teilliquidation erfüllt, gilt es den zu versteuernden Vermögensbetrag zu ermitteln. Dieser wird von dem kleinsten der folgenden Beträge gebildet:
- Ausschüttungsbetrag
- Handelsrechtlich ausschüttungsfähige Reserven
- Nichtbetriebsnotwendige Substanzen
- Verkaufserlös