Cookie Consent by TermsFeed

Gewinnverwendung in einer AG: Zuweisung an Reserven, Dividenden und Co.

19. Mai 2023

Eine Aktiengesellschaft (AG) ist eine Rechtsform, bei der sogenannte Aktionäre Kapital zur Verfügung stellen, damit ein Unternehmen aufgebaut, erweitert und umgewandelt werden kann. Im Gegenzug dafür erhalten die Geldgeber Aktien, die sie zu Miteigentümern des Unternehmens machen. Generiert das Unternehmen Gewinn, besteht die Möglichkeit, dass auch Aktionäre von diesem profitieren. Dabei gibt es allerdings eine Reihe von Bedingungen, die es zu beachten gibt, ehe es zur Gewinnausschüttung kommt. Diesen widmet sich dieser Artikel.

Anspruch auf Gewinnausschüttung

Art. 660 Abs. 1 des Schweizer Obligationsrechts (OR) besagt, dass Aktionäre ein Anrecht auf einen verhältnismässigen Teil des Gewinns haben. Dem überstellt ist allerdings der Gläubigerschutz beziehungsweise der Schutz des Eigenkapitals, welches den Gläubigern als Sicherheit dient. Gewinne können somit nicht vollumfänglich ausgeschüttet werden, solange keine entsprechenden Reserven vorliegen.

Gewinnverwendung

Der Beschluss, wie der Gewinnvortrag verwendet wird, beziehungsweise die Festsetzung von Dividenden obliegt unter Berücksichtigung der gesetzlichen Bestimmungen bei der Aktiengesellschaft der Generalversammlung. Bevor wir uns die spezifischen Optionen für die Verwendung von Bilanzgewinnen ansehen, ist es wichtig zu wissen, dass es verschiedene Kategorien gibt, abhängig davon, ob der Gewinn im Unternehmen bleibt oder dieser ausgeschüttet wird. Generell stehen die folgenden Optionen für Bilanzgewinne zur Verfügung:

Verteilter Gewinn, der im Unternehmen bleibt

Verteilter Gewinn, der im Unternehmen bleibt, können zum Beispiel gesetzliche oder freiwillige Gewinnreserven sein.

Gesetzliche Gewinnreserven Das Gesetz verlangt, dass ein Teil des Gewinns nicht an Aktionäre ausgeschüttet werden darf, sondern in Form von gesetzlichen Gewinnreserven (ordentliche Gewinnreserven) zurückbehalten werden muss. Die Reduktion der flüssigen Mittel für die Dividendenausschüttung soll die Gesellschaft stärken. Ordentliche Gewinnreserven dürfen lediglich zur Deckung von Verlusten eingesetzt beziehungsweise dafür aufgelöst werden.

Freiwillige Gewinnreserven Die Aktiengesellschaft kann auf Basis von Art. 672 und 673 des Schweizer OR in den Statuten (Statuarische Zuweisung) oder durch einen Beschluss in der Generalversammlung (Freiwillige Reserven) festlegen, dass zusätzlich Gewinnreserven gebildet werden. Diese zusätzlichen freiwilligen Zuweisungen werden in der Schweiz nur selten gebildet. Ihr Ziel ist es, die Aktiengesellschaft auf wirtschaftlich instabile Zeiten vorzubereiten und sie davor zu schützen. Die Generalversammlung kann Freiwillige Reserven jederzeit auflösen.

Verteilter Gewinn, der aus dem Unternehmen fliesst

Verteilter Gewinn kann sein:

  • Dividenden – Dividenden sind der Anteil des Unternehmensgewinnes, der an Teilhaber ausgezahlt wird. Von Superdividenden wird gesprochen, wenn die Dividendenzahlung 5% des eingezahlten Partizipations- und Aktienkapitals übersteigt.
  • Tantiemen – Als Tantiemen werden ergebnisabhängige Vergütungen verstanden, die zumeist neben festen Kompensationen an Mitglieder des Verwaltungsrats gezahlt werden.

Ein Beispiel: Ein Aktionär erhält eine Dividende basierend auf seinem Anteil am Unternehmen, während ein Mitglied des Verwaltungsrats eine Tantieme für seine besonderen Leistungen im Unternehmen erhält.

Dividenden und Tantiemen dürfen erst dann ausgeschüttet werden, wenn alle Zuweisungen zu den gesetzlichen und freiwilligen Reserven erfolgt sind. Sowohl Dividenden als auch Tantiemen einer AG (bzw. auch einer GmbH) unterliege der Doppelbesteuerung. Somit bezahlen sowohl die juristischen (AG od. GmbH) als auch die Privatpersonen Steuern. Diese Steuer wird bei juristischen Personen Gewinnsteuer und bei Privatpersonen (resp. Inhaber) Einkommenssteuer genannt.

Nicht verteilter Gewinn

Beispiele für nicht verteilte Gewinne sind der Gewinnvortrag und Verlustvortrag.

  • Gewinnvortrag – Der Gewinnvortrag bezeichnet die akkumulierten Gewinne der Vorjahre, welche nicht Reserven zugewiesen oder als Dividenden ausgeschüttet wurden. Bei einem Gewinnvortrag wird somit ein Teil des Gewinnes auf das nachfolgende Geschäftsjahr übertragen.
  • Verlustvortrag – Im Gegensatz dazu werden bei einem Verlustvortrag die Verluste mit in der Zukunft erwarteten Gewinne verrechnet.

1. und 2. Zuweisung an die allgemeinen Reserven

1. Reservezuweisung in die gesetzliche Gewinnreserve (Art. 671 Abs. 1 OR)

Das Unternehmen ist verpflichtet, jährlich 5 % des Jahresgewinns für Gesetzliche Gewinnreserven zurückbehalten, bis 20 % des eingezahlten Partizipations- und Aktienkapitals gedeckt sind. Der Gewinnvortrag muss dabei nicht miteinbezogen werden, während ein Verlustvortrag im Vorfeld vom Jahresgewinn abgezogen werden kann.

2. Zuweisung in die gesetzliche Gewinnreserve (Art. 671 Abs. 2 Ziff. 3 OR)

Werden Dividenden (Superdividende) ausgeschüttet, die höher als die 5% Grunddividende sind, müssen auf den übersteigenden Dividendenanteil weitere Reservezuweisungen von 10 % erfolgen. Neben Superdividenden sind von dieser Pflicht auch Tantiemen und andere statuarisch vorgesehenen Gewinnbeteiligungen betroffen. Diese zweite Zuweisung in die allgemeinen Reserven hat so lange zu erfolgen, bis 50 % des (gesamten) Partizipations- und Aktienkapitals erreicht sind.

Gewinnverteilungsplan

Da gemäss Art. 671 OR festgelegt ist, dass gesetzliche und freiwillige Rückstellungen gebildet werden müssen (sofern Reservestände noch nicht erreicht sind), können Bilanzgewinne nicht vollständig ausgeschüttet werden. Ein ähnliches Verfahren findet auch bei der Budgetplanung Anwendung. Der sogenannte Gewinnverteilungsplan (auch Gewinnverwendungsrechnung, Gewinnverwendungsplan oder Antrag über die Verwendung des Bilanzgewinnes genannt) zeigt, wie viel Geld für die Aufteilung zur Verfügung steht und wie dieses verteilt wird. Er gibt somit Aufschluss zu den folgenden Punkten:

  • Höhe des Bilanzgewinns (entsprechend der Beschlussfassung der Generalversammlung)
  • Anteil des Gewinns, der als Reserven im Unternehmen verbleibt
  • Anteil des Gewinns, der ausgeschüttet wird
  • Saldo, der in das neue Jahr vorgetragen wird

Erstellung eines Gewinnverwendungsplans

Um Gewinne optimal zu verteilen, können die folgenden Schritte abgearbeitet werden:

  1. Eruierung der zu verteilenden Summe (Addition der Gewinnvorträge beziehungsweise Verlustvorträge aus den Vorjahresbilanzen mit dem Gewinn des aktuellen Jahres)
  2. Bildung der gesetzlichen Reserven (abhängig davon, wie viele gesetzliche Reserven bereits vorliegen)
  3. Entscheidung über die Gewinnausschüttung in der Generalversammlung
  4. Zweite Zuweisung an allgemeine Reserven (abhängig von der Höhe der Dividenden und Tantiemen)
  5. Bildung Freiwilliger Reserven (sofern es die Statuten oder ein Beschluss so vorsehen)
  6. Neuer Gewinnvortrag / Verlustvortrag

Der Gewinnverwendungsplan bietet einen guten Überblick, weil er zeigt, wie viele liquide Mittel denn überhaupt für Ausschüttungen jeglicher Art zur Verfügung stehen.

Exkurs: Ausbezahlung von Dividenden

Art. 660 Abs. 1 OR legt für Aktiengesellschaften einen Grundsatz vor, nach welchem Aktionäre Anspruch auf die Auszahlung von Bilanzgewinnen haben. Diese werden in der Buchhaltung von Tochter- und Muttergesellschaften unterschiedlich verbucht. Grundsätzlich werden Dividenden pro Anteilsschein, also pro erworbene Aktie und somit investiertem Kapital, ausbezahlt. Der Anteil bemisst sich somit nach dem nominell einbezahlten Aktienkapital – sofern dies in den Statuten nicht anders vorgesehen ist.

Asymmetrische Dividenden

Ist dem nicht so und werden Dividenden abweichend der kapitalmässigen Beteiligungsquote ausgezahlt, ist die Rede von einer asymmetrischen Dividende. Eine solche würde zum Beispiel vorliegen, wenn 100 % einer beschlossenen Dividende an einen einzigen Aktionär ausbezahlt werden, obwohl dieser nicht 100 % der Aktien hält. Nicht überall in der Schweiz werden asymmetrische Dividenden gleich gerne gesehen.

Während manche Kantone diese nur zulassen, sofern sie in den Statuten verankert sind (z. B. Aargau, Zürich), akzeptieren andere Kantone (z. B. Nidwalden, Zug) diese auch ohne diese Voraussetzung.

Asymmetrische Dividenden werden aus steuerlicher Sicht oftmals kritisch betrachtet. Dabei stellt sich die Frage, warum die Gewinnausschüttung nicht proportional stattgefunden hat. Ein Beispiel für eine steuerliche Stolperfalle, die hierbei in der Praxis auftreten kann, ist die Umqualifizierung in Lohn.

Umqualifizierung in Lohn

Ist ein Aktionär zeitgleich auch Arbeitnehmer, kann eine asymmetrische Dividende als Lohn für Mehrleistung verstanden werden. Dieser Umstand wirft allerdings Fragen auf (z. B. Wurde aus betriebswirtschaftlicher Sicht bereits ein marktkonformer Lohn ausgezahlt?). Zudem gibt es einen steuerlichen Unterschied, ob Dividenden an Aktionäre (Einkommen aus unselbstständiger Erwerbstätigkeit) oder an Arbeitnehmer (Gewinnsteuermindernder Aufwand) ausbezahlt werden.

FAQ

foto by pexels.com

Weitere empfohlene Beiträge
Endlich ist das revidierte Aktienrecht in Sicht

Entwickelt sich eine politische Zangengeburt schlussendlich doch noch zu einem Schweizerischen Erfolgsmodell? Die Chancen dazu stehen gut. Was bisher geschah: Das geltende Aktienrecht ist in Kraft seit dem 1. Juli 1992. Seit Anfang 2001 sind zahlreiche parlamentarische Vorstösse eingereicht worden mit dem Ziel, das schweizerische Recht im Bereich «Corporate Governance» zu verbessern. Im Dezember 2005 […]

18. Oktober 2017
...
Revidiertes Aktienrecht entgeht knapp dem Totalabsturz – der Ständerat schickt die Vorlage zurück in die Kommission!

Nichts wird aus dem frommen Wunsch, dass die Aktienrechtsreform in der Wintersession 2018 zum Abschluss gebracht werden kann. «Ich bin überzeugt, dass das neue Aktien- und Rechnungslegungsrecht dazu beiträgt, dass es für Investoren noch attraktiver wird, ihr Geld in Schweizer Unternehmen «arbeiten» zu lassen.» Das sagte der damalige Bundesrat Christoph Blocher im Jahr 2007. Damals […]

11. Dezember 2018
...
Bundesgesetz über die Steuervorlage 17: Update

Der Deal mit Steuerreform und AHV kommt in den Schlussabstimmungen ohne Überraschungen durch. Nationalrat und Ständerat haben in den Schlussabstimmungen der Herbstsession keine Überraschungen produziert und dem Geschäft zugestimmt. Der Ständerat sagte Ja mit 39 zu 4 Stimmen, der Nationalrat sagte Ja mit 112 zu 67 Stimmen. Allerdings ist die Wahrscheinlichkeit gross, dass es zu […]

8. November 2018
...
Revidiertes Aktienrecht: die Vorlage ist erstmals von beiden Räten behandelt!

Was bisher geschah: Im Dezember 2007 verabschiedete der Bundesrat die Botschaft zur Revision des Aktien- und Rechnungslegungsrechts. Am 15. Juni 2018 hiess der Nationalrat die Aktienrechtsreform knapp mit 101 Ja zu 94 Nein-Stimmen gut. Am 11.12.2018 hat der Ständerat mit 23 Ja zu 20 Nein-Stimmen Eintreten auf die Vorlage beschlossen. Am 19.06.2019 hat der Ständerat […]

28. Juni 2019
...
Weitere empfohlene Beiträge
Quellensteuer-Revision 2021

Ausgangslage Am 15. Dezember 2016 hat das Parlament das Bundesgesetz über die Revision der Quellenbesteuerung des Erwerbseinkommens verabschiedet. Im April 2018 wurde die Quellensteuerverordnung publiziert. Am 12. Juni 2019 hat die Eidgenössische Steuerverwaltung ESTV das Kreisschreiben Nr. 45 zur Quellenbesteuerung des Erwerbseinkommens von Arbeitnehmern publiziert. Seit dem 1.1.2021 ist die Revision der Quellensteuern in Kraft. […]

30. Januar 2021
...
Ab 2019 sind Lotto- und Toto-Gewinne bis 1 Million Franken steuerfrei

In der Volksabstimmung vom 10.06.2018 hatte sich das Volk für das neue Geldspielgesetz entschieden. Die neuen gesetzlichen Bestimmungen sind am 01.01.2019 in Kraft getreten. Das neue Geldspielgesetz ersetzt das Spielbankengesetz aus dem Jahre 1998 und das Lotteriegesetz aus dem Jahre 1923. Das neue Gesetz setzt den Verfassungsartikel über Geldspiele um, den Volk und Stände 2012 […]

20. Februar 2019
...
Neue Steuersparmöglichkein für Unternehmen

Zwischenzeitlich haben alle Kantone neue interessante Steuersparmöglichkeiten eingeführt, welche seit diesem Jahr zur Verfügung stehen. Dies als Folge der Eidgenössischen Volksabstimmung im 2019 (STAF).Bei der Direkten Bundessteuer ändert sich nichts. WAS IST NEU AUF KANTONSEBENE? Abschaffung von Steuerprivilegien Die privilegierte Besteuerung von Holdinggesellschaften, gemischten Gesellschaften und Domizilgesellschaften entfällt. Dies bedeutet, dass diese Gesellschaften ab 01.01.2020 […]

28. November 2020
...
Weitere empfohlene Beiträge
Vereinfachte Besteuerung der privaten Nutzung von Geschäftsfahrzeugen

Die private Nutzung des Geschäftsfahrzeugs soll gemäss Beschluss der eidgenössischen Räte mit einer Pauschale besteuert werden können, die neu auch die Fahrkosten zum Arbeitsort umfasst. Das Eidgenössische Finanzdepartement (EFD) hat hierzu eine Verordnungsänderung in die Vernehmlassung geschickt. Das EFD schlägt in der Änderung der Berufskostenverordnung vor, dass die private Nutzung des Geschäftsfahrzeugs neu pro Monat […]

30. Juli 2019
...
Einkommenssteuern: wird der Steuerabzug für die Säule 3a ausgebaut?

Ausgangslage Seit dem Jahr 1972 ist die individuelle Vorsorge als dritte Säule des schweizerischen Dreisäulenkonzepts der Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenvorsorge in der Bundesverfassung verankert. Die 3. Säule wird in zwei Bereiche unterteilt: Säule 3b: die freie Selbstvorsorge Diese besteht aus dem persönlichen Sparen, Lebensversicherungen etc. Es besteht keine steuerliche Privilegierung. Säule 3a: die gebundene Selbstvorsorge […]

16. September 2019
...
Sie haben Fragen?